Beispiele:

1. Reste des Moro-Reflexes

Aufgrund von Schwierigkeiten bei der Geburt ist es nicht selten, dass ein Kind noch Reste des Moro-Reflexes in seinem Nervensystem hat. Moro nennt man den frühkindlichen Schreckreflex, der bis zum 4.Lebensmonat von reiferen Nervenbahnen überlagert sein sollte, so dass ein Kind in der Lage ist mit dem Erwachsenen-Schreckreflex zu reagieren.

Der frühkindliche Moro-Reflex wird ausgelöst durch z.B. drohendem Verlust des Gleichgewichtes (vestibulärer Reiz), plötzliche Veränderung der Lautstärke (auditiver Reiz), plötzliche Veränderungen bei der Sicht (visueller Reiz) bzw. plötzliche unerwartete Reize jeglicher Art. Diese Menschen reagieren mit einer direkten Erhöhung ihres Adrenalin- und auch Cortisolspiegels, mit der Folge, dass

 

  • die Atemfrequenz steigt

  • die Herzfrequenz steigt

  • der Blutdruck nach oben schnellt

  • Hautrötungen sichtbar werden

  • und oft ein Wutausbruch oder Tränen folgen.

 

Allerdings kompensieren wir Menschen recht schnell und es bleiben nicht selten nur noch Reste sichtbar, die von einem geübten Auge aber auch erkannt werden. So sieht der Alltag von Kindern mit Resten eines Moro-Reflexes aus:

 

  • In der Kindergarten- oder auch Schulsituation sind die Kinder vielfältigen akustischen, taktilen und optischen Reizen ausgesetzt. Unsere speziellen Kinder mit einem schnell erhöhten Adrenalinspiegel, sind mit diesen Reizen innerhalb kurzer Zeit überfordert. Das Adrenalin erhöht ihre Wahrnehmungsfähigkeit, so dass sie alles verstärkt aufnehmen. Die Reaktionen auf diese Reizüberflutung sind verschieden. Die Geräuschempfindlichen verkriechen sich, einige ziehen sich ins „Träumen“ zurück wieder andere werden aggressiv und ungehalten.

 

  • Besonders die Restreaktionen des Moro-Reflexes wirken sich stark auf das emotionale Verhalten des Kindes aus. Diese Kinder sind auf der einen Seite sehr reif und wissen viel, andererseits sind sie in ihrem Sozialverhalten extrem unreif.

 

  • Die Überreaktion auf Veränderungen sind typisch für diese Kinder. Alles was ihren Ablauf, ihre Planung oder ihr Ritual verändert führt häufig zu extremen Reaktionen. Solche Überreaktionen sind häufiges Weinen, heftigste Wutausbrüche, starke Kritikempfindlichkeit, Rückzug bei Kleinigkeiten.

 

  • Im Erwachsenenalter kann diese Restreaktion zu überängstlichen, depressiven Verhaltensweisen führen. Panikattacken und Angstneurosen können die Folge sein. Es ist aber auch möglich, dass der Erwachsene zu cholerischen Wutanfällen neigt, und sich und seine Umwelt damit belastet. Diese Menschen sind meist wenig selbstbewusst und gar nicht selbstkritisch.

 

2. Reste des Greifreflexes

Besonders der frühkindliche Greifreflex ist vielen noch in Erinnerung. Es gibt sogar Bilder, auf denen zu sehen ist, wie sich ein Säugling mit Hilfe seines Greifreflexes an einer Wäscheleine festhält. Auch dieser Reflex sollte spätestens bis zum 5./6. Lebensmonat überlagert sein. Sind die Reste von diesem Reflex noch aktiv, ist es für das Kind schwierig eine „normale“ Stifthaltung zu entwickeln und locker aus dem Handgelenk zu malen, zu schreiben und zu gestalten. Sie vermeiden möglichst alles, was mit Feinmotorik zusammenhängt.

 

Hier haben wir ein schönes Beispiel für einen Selbstversuch. Versuchen Sie einmal einen Stift zu halten, wenn ihre Hand ständig in die Fauststellung gehen möchte. Schreiben Sie ein paar Wörter normal und dann lassen Sie ihre Finger (Kleiner- Mittel und Ringfinger) in eine starke Beugung gehen, auch der Zeigefinger und der Daumen versuchen sich anzubeugen, allerdings hindert der Stift sie daran. Bauen sie richtig Spannung auf, wie es bei einem Greifreflex sein würde und jetzt versuchen sie noch ein paar Worte, oder gar Sätze zu schreiben.

 

Nach diesem Experiment wird den meisten klar sein, wie schwer es ist so zu schreiben und mit wie viel Kraftaufwand ein Kind dann seine Arbeit erledigt. Da ist es doch auch gut zu verstehen, dass ein Kind frustriert wird, unkonzentriert ist und sich als Versager fühlt, wenn der Rest der Klasse locker-flockig die Wörter von der Tafel abschreibt. Wir dürfen nicht vergessen, dass das Kind seine Feinmotorik nur so kennt und davon aus geht, dass alle anderen Kinder genauso viel Energie in das Schreiben investieren müssen.

Diese Menschen werden sich mit Sicherheit keinen Beruf aussuchen, bei dem man viel Schreiben muss und feinmotorisch tätig ist. Ausbildungen (z.B. Studium) die dies erfordern werden sie meiden. Wobei die Intelligenz hier gar keine Rolle spielt, es können hochintelligente Menschen sein, deren „handicap“ verhindert, dass sie ihr Potential effektiv nutzen.